Die Zeit zwischen den Jahren bietet sich geradezu dazu an, einmal innezuhalten und auf die vergangenen Monate zurückzublicken. In diesem Sinne möchten auch wir – wie bereits 2020 geschehen – einen kleinen, persönlichen Rückblick auf unser Lesejahr wagen und Einblicke in unsere Lektüren gewähren, die uns durch 2021 begleitet, begeistert und enttäuscht haben.

Die Redaktion wünscht allen Leser*innen einen guten Übergang ins neue Jahr. Möge es viel Gesundheit, gute Bücher und zahllose Theaterbesuche bescheren!

Die Zeit, sie fliegt – und damit steht auch schon der dritte Advent samt unseres vorletzten Beitrags mit Buchtipps quer durchs Alphabet vor der Türe! Heute könnt ihr Empfehlungen von den Buchstaben N bis T lesen.
Ihr seid erst jetzt auf unseren Adventskalender gestoßen? Kein Problem, die Buchstaben A bis G findet ihr hier, zu den Buchtipps H bis M geht es hier entlang! Wir wünschen euch viel Freude beim Lesen und einen gemütlichen dritten Advent.

Sam fristet sein Dasein als einsamer Außenseiter ohne Freunde, dafür aber mit wiederkehrenden Panikattacken und Angststörungen und seit der Tumorerkrankung seiner Mutter begleitet von einer stets präsenten Ungewissheit. Als er einen Nebenjob in einem alten Kino beginnt, lernt er Cameron, Hightower und Kirstie – alle für sich selbst auch irgendwie Außenseiter:innen – kennen, die ihn zwar in ihre Gruppe aufnehmen, aber gerade ihren Schulabschluss absolviert haben und somit kurz vor dem Abschied aus ihrem Heimatort stehen. Für Sam beginnt ein turbulenter Sommer, in dem er nicht nur Freunde und seine erste Liebe findet, sondern auch zu sich selbst. Der Ausgang des Romans wird dabei schon mit dem ersten Satz vorweggenommen: „In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb.“

von Wiebke Martens

Haruki Murakamis Roman Südlich der Grenze, westlich der Sonne, damals unter dem Titel Gefährliche Geliebte, sorgte in der 68. Folge des Literarischen Quartetts im Juli 2000 für eine heftige Diskussion zwischen Marcel Reich-Ranicki und Sigrid Löffler. Während Löffler den Roman als literarisches Fast Food abstempelte, der keine Sprache habe, entgegnete Reich-Ranicki, dass es sich um einen hoch-erotischen Roman handelte und er eine solche Liebesszene seit Jahren nicht mehr gelesen habe.

von Anthoula Hatziioannou

Zwischen ‚Bioy Casares‘ und ‚Byron‘ klafft eine unübersehbare Lücke im alphabetisch sortierten Buchregal, von dem erwarteten ‚Borges‘ keine Spur. Eine Tatsache, die auf den ersten Blick nicht unerklärlich – besagte Privatbibliothek gehört dem großen argentinischen Autor Jorge Luis Borges höchstselbst – auf den zweiten Blick aber zumindest verwunderlich ist und dem Ich-Erzähler in Jaime Begazos Kurzroman Die Zeugen (Kupido Literaturverlag, 2020) die literarische Spurensuche zusätzlich erschwert. Fast scheint es, als wolle Borges’ Erzählung „Emma Zunz“ gar nicht vom Erzähler gefunden und noch weniger erneut gelesen und auf diese eine entscheidende Unstimmigkeit hin überprüft werden: Wer ist Milton Sills, lautet die Frage, die den namenlosen Protagonisten zu seinem Idol Borges und tief hinein in dessen Erzähluniversum führt.

von Larissa Plath

In Berlin Noir (erschienen 2018 im culturbooks Verlag), dem zweiten Band der erfolgreichen Noir-Reihe, die im Jahre 2014 mit Paris Noir startete, wird in 13 Originalgeschichten anhand 13 unterschiedlicher Stadtviertel die dunkle Seite des Verbrechens der Hauptstadt Deutschlands offenbart. Die Auswahl der kurzen Krimierzählungen stellt Thomas Wörtche, angesehener Kritiker, Literaturwissenschaftler und Publizist, zusammen. Preisgekrönte Autor*innen wie Zoë Beck, Ulrich Woelk und Matthias Wittekindt geben dem Genre der Crime Fiction und der Berliner Kriminalliteratur einen neuen, spannenden Blickwinkel.

von Anthoula Hatziioannou

Die Kurzprosa- und Lyrik-Autorin Louise Juhl Dalsgaard nähert sich in ihrem ersten Roman Genug, der 2021 im Picus Verlag erschienen ist, auf poetische Weise der Gefühlslage einer jungen Frau, die auf dem Weg zur Genesung ihrer Essstörung ist. Der von Gerd Weinreich aus dem Dänischen übersetzte Roman bietet Humor und Hoffnung, aber auch Hilflosigkeit und Depressivität. Die Autorin schafft es, den Leser*innen ein kritisches, immer noch aktuelles Thema mit einer wunderbaren Leichtigkeit zu vermitteln und nimmt sie mit auf die Reise in die Psyche der Protagonistin, die sich wie ein Puzzle nach und nach zusammensetzt.

von Sina Thamm