Advent Auf der Höhe I

Weihnachten nähert sich mit großen Schritten und wieder einmal hat man es nicht kommen sehen, dass auf dem Kalender sehr bald schon „Dezember“ stehen wird. Nichtsdestotrotz: Die Tage werden kürzer, draußen wird es kälter – eigentlich Idealvoraussetzungen für den Rückzug auf das heimische Sofa, um einen neuen Roman aufzuschlagen. Falls es noch an Ideen für die nächste(n) Lektüre(n) mangelt, schafft unser diesjähriger Adventskalender Abhilfe: In diesem Jahr wird die Redaktion von Auf der Höhe an den vier Adventssonntagen Buchempfehlungen von A–Z aussprechen.

Wir wünschen unseren Leser*innen eine besinnliche und gesunde Vorweihnachtszeit mit einem stets gut gefüllten Keksteller!

A
Der Roman Die Anomalie (2021 bei Rowohlt erschienen) des französischen Schriftstellers Hervé le Tellier hat seinen Platz am Anfang unseres Adventskalenders mehr als verdient. Das 2020 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnete Buch erzählt die Geschichten mehrerer Protagonist*innen, deren Leben durch einen extrem ungewöhnlichen Zwischenfall miteinander verbunden sind. Details seien an dieser Stelle nicht verraten, denn gerade im Aufspüren der Besonderheiten des Textes während der Lektüre liegt einer der Reize verborgen. Nur so viel: Es lohnt sich ungemein, die Fäden der einzelnen Erzählungen zu verbinden. Auch die mehr als gelungene Übersetzung von Romy und Jürgen Ritte soll nicht unerwähnt bleiben, trägt doch die Sprache des Romans maßgeblich dazu bei, ihn nicht aus der Hand legen zu wollen. Die Anomalie sei allen Lesenden anempfohlen, die sich für gleichzeitig dicht und fragmentarisch geschriebene Texte begeistern können – sie werden es nicht bereuen. 
            Dieses Buch empfiehlt Lara.


B
Berlin Noir spiegelt in 13 Originalgeschichten anhand 13 unterschiedlicher Stadtviertel die dunkle Seite des Verbrechens der Hauptstadt Deutschlands. Ausgewählte Autoren*innen wie Zoë Beck, Ulrich Woelk und Matthias Wittekindt geben dem Genre der Crime Fiction und der Berliner Kriminalliteratur einen neuen, spannenden Blickwinkel. Die kurzen Krimigeschichten erzählen auf unterschiedliche Art und Weise die Schattenseiten der Großstadt Berlin: Angefangen mit einer verwirrten jungen Frau, welche sich für eine Agentin der Nazi-Zeit hält, und abschließend mit einem Journalisten, der sich mit den Folgen des Zweiten Weltkrieges und eines Mordes auseinandersetzt. Die letzte Geschichte des Bandes verspricht nicht nur viel Spannung, sondern auch einen interessanten Einblick in die Recherche geschichtlicher Aspekte.
Die Rezension kann hier nachgelesen werden.
            Dieses Buch empfiehlt Anthoula.


C
Die bereits seit 1999 bestehende historische Fantasy-Reihe Die Chronik der Unsterblichen von Wolfgang Hohlbein umfasst mittlerweile 16 Bände, die vom Leben und von den Abenteuer von Andrej Delany und seinen getreuen Freund Abu Dun handeln. Alles beginnt im ersten Band der Reihe mit dem Titel Am Abgrund, der im 15. Jahrhundert am Rande der Karpaten in Transsilvanien spielt. Nach dem Beisetzen seiner Gefährtin und seiner Tochter zieht Andrej Delany ziellos durchs Land und gelangt so ins Borsã-Tal, seiner Heimat, aus welcher er einst vertrieben wurde. Dort angekommen, muss er feststellen, dass das Dorf vollkommen verlassen ist. Was ist hier geschehen? Womöglich sind die Bewohner geflohen, aber wovor und wo ist Andrejs Sohn Marius? Daher sucht er auf der Bauernburg in der Nähe nach Antworten. Auch hier scheint es, als sei alles verlassen worden. Erst im Burginneren findet er sie: Leichen. Die Leichen der Dorfbewohner türmen sich, unter ihnen befindet sich auch Marius. Lediglich der junge Frederic überlebte das Massaker des Inquisitors Domenicus, der durch das Land ritt und Dämonen tötete. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche, um die restlichen verschleppten Dorfbewohner zu befreien.  
Frederic stellt auf ihrer Reise fest, dass Andrej unmenschliche Dinge überleben kann. Im weiteren Verlauf des Romans findet Andrej heraus, dass er ein Vampyr ist. 
In den nachfolgenden Bänden gerät Andrej in die Hände des nubischen Piraten und Sklavenhändlers Abu Dun. Anfangs noch Feinde, werden die beiden zu Freunden, die fortan gemeinsam gegen andere Vampyre kämpfen, auf der Suche nach ihrer Herkunft durch nahezu ganz Europa reisen und viele verschiedene Schlachten austragen. Auf ihrer Reise begegnen ihnen historisch Personen wie Vlad Tepes, sowie alte ägyptische Götter oder auch der gefallene Gott Loki, den sie über Spanien bis hin nach London verfolgen. Dabei sehen sie Orte wie Venedig, Konstantinopel, Ägypten und Rom. 
Mit dieser Romanreihe ist Hohlbein eine spannende Reise durch das Europa der Renaissance bis etwa in die Frühe Neuzeit gelungen. Geschichtlich ist die Reihe sehr vielfältig recherchiert worden und bietet viele Eindrücke über heroische Schlachten, detaillierten Beschreibungen historischer Lebensräume und verbindet diese mit Fantasy-Elementen.
            Diese Buchreihe empfiehlt Raffaela.


D
Olga Grjasnowa, geboren in einer russisch-jüdischen Familie in Baku in Aserbaidschan, schrieb im Jahr 2012 ihren Debütroman Der Russe ist einer, der Birken liebt. Sie kam als 11-jährige Migrantin mit ihren Eltern nach Deutschland. Ihr Roman ist zwar keine Autobiografie, aber spiegelt die Probleme der Integrations- und Migrationspolitik wieder, die die Autorin als Kind erlebt hat. 
Die Handlung spielt zu Beginn in der Stadt Frankfurt, in der Menschen aus verschiedenen Kulturen und Religionen leben. Die Hauptperson Mascha Kogan, die eine migrierte Russin und gleichzeitig die Erzählerfigur ist, lebt mit ihrem deutschen Freund Elias in einer baufälligen, heruntergekommenen Gegend. Die Erlebnisse im Roman stellen zunächst einmal dar, wie die Vielfalt in einer Großstadt aussieht und was für Probleme sie mit sich bringt: Die fiktiven Charaktere erleben anhand verschiedener Situationen, wie es sich anfühlt, nicht ein Teil der deutschen Gesellschaft zu sein.
Die Rezension kann hier nachgelesen werden.
            Dieses Buch empfiehlt Anthoula.


E
Wer hat sie nicht gesehen, die Verfilmung mit Julia Roberts als Hauptdarstellerin in Eat, Pray, Love? Die Protagonistin Elizabeth entschließt sich, ihren Mann zu verlassen. Auf Grund ihrer gescheiterten Ehe will die 30-jährige New Yorkerin eine lange Reise antreten und verschiedene Orte besuchen: In Italien erfährt sie das Streben nach Genuss (Sprich, wie du isst), welches sie in 36 Geschichten erzählt. In Indien erlernt sie die Kunst der Meditation und des Betens nach den hinduistischen Regeln der heiligen Stätte. In Bali trifft sie einen jungen Mann namens Felipe, der ihr die Liebe und das Glück beibringt.
Elizabeth Gilberts Roman Eat, Pray, Love ist eine sehr schöne Reiseliteratur, die die Leser*innen nicht nur in verschiedene Länder und Orte eintauchen lässt, sondern auch Anregungen für eine andere Lebensperspektive und einen Neustart ermöglicht. Eine wunderbare Lektüre, die auch zur Adventszeit vor dem Kamin und mit einer Tasse heißer Schokolade zu genießen ist.
            Dieses Buch empfiehlt Anthoula.


F
In Das Flüstern der Feigenbäume wird die verbotene Liebe zwischen dem Griechen Kostas und der Türkin Defne kurz vor dem Bürgerkrieg in Zypern im Jahre 1974 erzählt. Aus ihrer geheimen Beziehung geht ihre Tochter Ada hervor. Auf Grund der unglücklichen Umstände des Bürgerkrieges wächst Ada ohne ihre Mutter auf. Das 16 Jahre alte Mädchen lebt mit ihrem Vater in England und ist auf der Suche nach ihren Wurzeln. Ihr Vater verschweigt ihr die Vergangenheit und redet weder über seine längst vergessene Heimat Zypern noch über seine tote Frau. Ada versucht, Schritt für Schritt die Wahrheit zu enthüllen. 
Elif Shafak erzählt in ihrem neuesten Roman nicht nur eine verbotene Liebesgeschichte, sondern schildert auch die grausamen Geschehnisse eines sehr sensiblen Themas der Geschichte Zyperns.
            Dieses Buch empfiehlt Anthoula.


G
In ihrem dritten Roman Gott ist nicht schüchtern stellt Olga Grjasnowa den syrischen Bürgerkrieg und seine Folgen dar. Auch in diesem Buch greift die Autorin ein hochaktuelles Thema zur Flüchtlingspolitik auf. Amal und Hammoudi, die Protagonist*innen des Romans, sind zwei erfolgreiche junge Menschen: Hammoudi hat sein Medizinstudium absolviert und ist mit Claire verlobt, Amal ist Schauspielerin. Als die Revolution beginnt und beide ihr Land verlassen müssen, treibt es die Flüchtlinge auf ein großes Frachtschiff mit mehreren anderen Syrern. Nach ihrer langen Seereise treffen sie in Berlin aufeinander, um ihr Leben wieder aufzubauen und sich in einem fremden Land zurechtzufinden.
            Dieses Buch empfiehlt Anthoula.


Weiter im Alphabet geht es im Beitrag vom 2. Advent!