Sam fristet sein Dasein als einsamer Außenseiter ohne Freunde, dafür aber mit wiederkehrenden Panikattacken und Angststörungen und seit der Tumorerkrankung seiner Mutter begleitet von einer stets präsenten Ungewissheit. Als er einen Nebenjob in einem alten Kino beginnt, lernt er Cameron, Hightower und Kirstie – alle für sich selbst auch irgendwie Außenseiter:innen – kennen, die ihn zwar in ihre Gruppe aufnehmen, aber gerade ihren Schulabschluss absolviert haben und somit kurz vor dem Abschied aus ihrem Heimatort stehen. Für Sam beginnt ein turbulenter Sommer, in dem er nicht nur Freunde und seine erste Liebe findet, sondern auch zu sich selbst. Der Ausgang des Romans wird dabei schon mit dem ersten Satz vorweggenommen: „In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb.“
von Wiebke Martens

Wells‘ Roman umschreibt eine Coming of Age Thematik, eingebettet in eine Umgebung, die zwar nicht altbekannt ist, aber dennoch sofort vertraut wirkt. Von der ersten Seite an werden Bilder eines staubigen, kleinstädtischen Nests, in dem junge Erwachsene das Weite suchen, sobald sie ihren Schulabschluss in der Tasche haben, gemalt. Grady, der Name des Orts, der – ähnlich wie der Name des Protagonisten – quasi sofort nach dem Lesen wieder vergessen ist, ist das, was man sich unter einer amerikanischen Kleinstadt vorstellt: erzkonservativ, ausgestorben, langweilig.
Die Essenz der Geschichte ist mit dem ersten Satz schon vorgegeben, dennoch ist die Erzählung komplexer. Neben vielen bekannten Komplikationen, die das Erwachsenwerden mit sich bringt, werden weitere Thematiken wie Angststörungen, Missbrauch und Krankheit sowie deren Auswirkungen auf Angehörige aufgegriffen. Lebenshintergründe von Nebenfiguren und Charakterverwicklungen werden angerissen, aber nicht näher ausgeführt. Obwohl dem Protagonisten immer wieder versichert wird, dass alles in Ordnung sei, ist mit den Hinweisen auf den drohenden Tod der Mutter auch eine beklemmende Stimmung präsent.
„… wir lachten wie immer, stritten wie immer, schauten fern wie immer. Innerlich aber warteten wir alle nur auf neue schlechte Nachrichten. Denn der Tod saß die ganze Zeit bei uns am Küchentisch, trank seinen Kaffee, blickte stumm auf die Uhr.“
Trotz bekannter Thematik, einer vertrauten Umsetzung und einem Schluss, der keine großen Überraschungen bietet, fiel es schwer, den Roman aus der Hand zu legen. Der Wechsel aus Euphorie und Melancholie sowie der krasse Gegensatz zwischen dem Gefühl, das gesamte Leben noch vor sich zu haben und der plötzlichen, unbarmherzigen Vergänglichkeit entfalten beim Lesen eine fesselnde Wirkung.