Buchtipps: (Not only) haters gonna say it’s fake

Spätestens in den letzten vier Monaten hat sich bewahrheitet, welche Kompetenz besonders im Umgang mit Medien unentbehrlich ist: Die Fähigkeit das Wahre vom Unwahren zu trennen. Das ist leichter gesagt als getan, denn die Berichterstattung der letzten Wochen war mehr als unübersichtlich, höchst dynamisch und darum selbst für Medienaffine kaum zu überblicken. Wie erkenne ich Falschmeldungen oder Fälschungen im Allgemeinen und wie kann man deren Verbreitung Einhalt gebieten? Die folgenden Werke versuchen unter anderem diese Fragen zu klären. 

Lara empfiehlt:
Christian Alt/Christian Schiffer – Angela Merkel ist Hitlers Tochter. Im Land der Verschwörungstheorien

Flache Erde, Echsenmenschen, Chemtrails – entschuldigung, wie bitte? Jeder*m, die*der sich in der Wunderwelt Internet fortbewegt, wird mindestens eines dieser Schlagworte schon untergekommen sein. Wenn man über die Aussagen sogenannter „Aluhut-Träger*innen“ stolpert, schüttelt man meist den Kopf und wundert sich, wie solche Gedankengänge wohl zustande kommen und warum so viele Menschen an Verschwörungstheorien glauben. 

An genau dieser Stelle setzen die Autoren Christian Alt und Christian Schiffer an: Sie müssen auf dem Weg ins Innere der „hohlen Erde“ einsehen, dass man mit bloßem Faktenwissen nicht gegen Deutschland GmbH und Co. angehen kann. Deshalb graben sie tiefer und nähern sich den Prozessen, die hinter den teils absurden Verschwörungstheorien stehen und erläutern die psychologischen Vorgänge, die zu verzerrtem Denken führen können. Herrlich humorvoll und in Teilen selbstironisch geschrieben nehmen die Autoren ihre Leser*innen mit durch den Morast der Fake News. Sie nehmen ihnen dabei nicht das Denken ab oder dozieren gar schulmeisterlich, sondern fordern dazu auf, selbstständig Schlüsse zu ziehen und zu beobachten.
Um es mit den Worten von Alt und Schiffer zu sagen: „Gummistiefel an, wir gehen rein.“

Anthoula empfiehlt:
Katharina Nocun/Pia Lamberty – Fake Facts: Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen

Ein hoch aktuelles Buch zu Zeiten der Corona-Pandemie: Wie werden Fake Facts und Verschwörungstheorien durch neue, digitale Medien verbreitet? Auf welche Weise können Menschen beeinflusst werden und zu Verschwörungstheoretikern werden? Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun und Psychologin Pia Lamberty erläutern diese Vorgänge und Ereignisse, da viele Menschen durch die vielen News im digitalen Zeitalter dazu neigen die Wahrheit und die Fakten zu verdrehen oder sich ihre eigene Meinung machen, ohne wirkliche Argumente zu haben.

Den Online-Livestream am Dienstag, den 28.7.2020, von 19-20.30 Uhr zur Diskussionsrunde von Nocuns und Lambertys Buch findet ihr hier.

Helena empfiehlt:
Abbas Khider – Der falsche Inder

Woran lässt sich eine ‚wahre‘ oder ‚falsche‘ Identität festmachen? Oder: Wer teilt auf welche Weise eine vermeintlich wahre Identität zu? Diese Fragen sowie diese nach der Bedeutung von Sprache und Kultur für die Identität stehen im Mittelpunkt von Abbas Khiders Debütroman.

Der Protagonist des Romans findet auf einer Zugreise von Berlin nach München ein Manuskript eines gewissen Rasul Hamid mit dem arabischen Titel „Erinnerungen“. Als er es zu lesen beginnt, stellt er fest, dass es sich um seine eigene Lebensgeschichte handelt. Obwohl Rasul im Irak geboren und aufgewachsen ist, sieht er sich aufgrund seines Aussehens bereits im eigenen Land dem Verdacht ausgesetzt, in Wahrheit ein Inder zu sein – ein Phänomen, das ihm auch auf seiner Flucht bis nach Deutschland immer wieder begegnet. Identität erweist sich damit als Konstrukt, das sich aus Selbst- und Fremdzuschreibungen auf Grundlage kultureller Deutungsmuster zusammensetzt. Dabei wird auch die Rolle der Sprache und das ihr innewohnende Potenzial zur Täuschung in den Blick genommen. Das Eingeständnis des Ich-Erzählers im Manuskript, nicht nur Teile seiner Erinnerung zu vergessen, sondern auch „Fürchterliches“ in „schöne Bilder“ umformen zu können, stellt ihn und damit auch den Protagonist unter den Verdacht der Unzuverlässigkeit. Ist der Erzählweise bzw. dem Erzählten demnach zu trauen? Indem die Hauptfigur bis zuletzt seine eigene Identität selbst nicht begrifflich zu fassen vermag und den pluralen Fremdzuschreibung ausgesetzt bleibt, wird Sprache als Medium des Begreifens vorgeführt. Was wahr und falsch in Bezug auf die Identität des Protagonisten ist, erweist sich damit als Frage der Wahrnehmung und Beurteilung, die zuletzt den Leser*innen obliegt.

Anthoula empfiehlt:
Markus Appel – Die Psychologie des Postfaktischen: Über Fake News, Lügenpresse und Clickbait & Co.

Wie werden Fake News verbreitet? Welche psychologischen Hintergründe befinden sich hinter der Lügenpresse? Wie können Menschen verunsichert werden und durch verschiedene Clickbaits manipuliert werden? 

Markus Appel, Professor für Kommunikationspsychologie und Neue Medien, versucht mit wissenschaftlichen Analysen und theoretischen Ansätzen diese Fragen zu beantworten. Er und weitere Wissenschaftler erläutern in diesem Werk verschiedene Besonderheiten der Kommunikation im digitalen Zeitalter und wie Menschen durch diverse Verschwörungstheorien, Bilder sowie Fake News manipuliert werden können.