Les Années folles…

Cafés und Restaurants, Buchhandlungen und Salons, Clubs oder Bars, Montmartre oder Saint-Germain-des-Prés: Das Paris der 1920er bot zahlreiche Treffpunkte für Künstler*innen, Literaten und Intellektuelle.

von Larissa Plath

Viele der Schauplätze tauchen in den Romanen und Erzählungen jener Zeit auf – nicht nur beim „Wahlpariser“ Ernest Hemingway, sondern auch in französischsprachigen Werken wie denen von Michel Georges-Michel und Philippe Soupault. Dort wo verschiedene Akteure, Künstler*innen und Schriftsteller*innen aufeinander trafen, entwickelten sich prägende kulturelle Strömungen der Moderne.


 

„La Maison des Amis des Livres“

Adrienne Monnier
Adrienne Monnier: Buchhändlerin, Bibliothekarin und Verlegerin. (Ville de Paris / BMD)

1915 am linken Seineufer gegründet, wurde Adrienne Monniers Buchhandlung innerhalb kurzer Zeit zu einer beliebten Anlaufstelle für Bücherfreunde und Schriftsteller*innen. Mit der Bezahlung der literarischen Ausbeute konnte man sich mitunter etwas länger Zeit lassen und die Bücher erst in Ruhe sichten – mit diesem Konzept etablierte Monnier die erste Leihbücherei in Frankreich. La Maison des Amis des Livres“ war ein literarischer Salon, wo man in den neuesten Avantgarde-Zeitschriften blätterte oder Lesungen und Ausstellungen besuchte. André Breton und Louis Aragon fanden im „La Maison“ einen bevorzugten Treffpunkt für ihre Surrealisten-Gruppe.

„Shakespeare and Company“

„I started with Turgenev and took the two volumes of A Sportsman’s Sketches and an early book of D.H. Lawrence, I think it was Sons and Lovers, and Sylvia told me to take more books if I wanted. I chose the Constance Garnett edition of War and Peace, and The Gambler and Other Stories by Dostoyevsky.“
– Ernest Hemingway, A Moveable Feast

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Beachs Erinnerungen an ihren legendären Buchladen

Ein Glück für Hemingway und all die anderen interessierten Leser*innen in Paris, dass es mit „Shakespeare and Company“ einen weiteren gesellschaftlichen Treffpunkt für Literaturbegeisterte gab. Nachdem Sylvia Beach 1921 mit ihrem Geschäft in die Rue de l’Odéon umzog, lagen die beiden Buchhandlungen von Monnier und Beach in unmittelbarer Nähe zueinander. Es war der engagierten Beach zu verdanken, dass Ulysses im Februar 1922 in englischer Sprache veröffentlicht wurde. Beim Verkauf im Laden versteckten sich die Ausgaben von Joyces kontroversem Roman lange Zeit hinter einem unverfänglichen Schutzumschlag (zum Beispiel von Shakespeares gesammelten Werken).

„Bricktop’s“

Robert McAlmon und Man Ray gehörten zu den Stammgästen im Club Chez Bricktop“, den die amerikanische Tänzerin und Sängerin Ada Smith führte. Charleston, Jazz und Songs von Cole Porter – all das gab es im Nachtclub zu sehen und zu hören.

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Ada Smith

Woher der Name „Bricktops“ („Backsteinkopf“)? Den Spitznamen verdankte Smith ihren roten Haaren und Sommersprossen, die sie als Tochter einer Afro-Amerikanerin und eines Iren von ihrem Vater geerbt hatte.


 

Cafés, Restaurants und Bars

People from the Dôme and the Rotonde never came to the Lilas. There was no one there they knew, and no one would have stared at them if they came.
– Ernest Hemingway, A Moveable Feast

The taxi stopped in front of the Rotonde. No matter what cafe in Montparnasse you ask a taxi-driver to bring you to from the rigth bank of the river, they always take you to the Rotonde. Ten years from now it will probably be the Dôme.
– Ernest Hemingway, The Sun Also Rises

Von Hemingway als „one of the nicest cafés in Paris“ bezeichnet, fand der Autor in der „Closerie des Lilas“ bei einem café crème die nötige Zeit und Ruhe zum Schreiben.
Etwas lauter ging es an anderer Stelle zu: Das Café de la Rotonde“, das Café du Dôme am Boulevard Montparnasse und das Les Deux Magots“ im Viertel St. Germain gehörten zu den bekanntesten Adressen im Paris der 20er.
Im „Dingo American Bar and Restaurant“ trafen Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald das erste Mal aufeinander: Das Dingo wurde 1923 von einem britischen Ex-Boxer namens Jimmie Charters eröffnet und zog vor allem englischsprachige „expats“ wie Sherwood Anderson, Thornton Wilder, Djuna Barnes und Mina Loy an.
Gelegen am Boulevard de Clichy war die Bar Le Cyrano einer der Haupttreffpunkte der Surrealisten um André Breton.


 

Literatur zum Thema:

Franck, Dan: Montparnasse und Montmartre. Künstler und Literaten in Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Berlin: Parthas Verlag 2011.

Hemingway, Ernest: A Moveable Feast. The Restored Edition. London: Arrow Books 2011.

Weiss, Andrea: Paris war eine Frau. Berlin: ebersbach & simon 2015.

Romane:

Cocteau, Jean: Kinder der Nacht. Stuttgart: Klett-Cotta 2018.

Margueritte, Victor: La Garçonne. Berlin: ebersbach & simon 2020.

Georges-Michel, Michel: Die von Montparnasse. Ein Roman über die Pariser Boheme. Berlin: Aufbau Verlag 2012.

Soupault, Philippe: Die letzten Nächte von Paris. Heidelberg: Verlag das Wunderhorn 1982.