ENGELS 2020: Glanzvoller Auftakt im Opernhaus

Foto: blickfeld Wuppertal

So vielschichtig wie die Person Friedrich Engels, sein Schaffen und Wirken waren, so vielversprechend ist das Veranstaltungsprogramm, mit dem der berühmte Sohn Wuppertals in diesem Jahr gefeiert wird. Einen Vorgeschmack bot am vergangenen Samstag die offizielle Auftaktveranstaltung: Oper, Schauspiel und Sinfonieorchester stimmten das Publikum im ausverkauften Haus mit einem abwechslungsreichen Programm auf ENGELS 2020 ein. Durch den Abend führte die gebürtige Wuppertalerin und Moderatorin Bettina Tietjen.

von Larissa Plath

Engels zieht es in die Stadt

Rund um das Opernhaus ist Friedrich Engels dank der eindrucksvollen Lichtkunst von Gregor Eisenmann an diesem Abend allgegenwärtig. Auf der illuminierten Fassade ist Engels Konterfei zu sehen, in jung und alt, in bunten Farben, auf Briefmarken und neben seinem Freund und Kollegen Karl Marx; es erscheinen Textfragmente aus den zentralen kommunistischen Schriften („Ein Gespenst geht um in Europa“) und Maschinen in Textilfabriken; die Schwebebahn zieht vorbei. Vor den Augen der vielen neugierigen Zuschauer*innen wechseln die Motive, bis es irgendwann wieder von vorne losgeht. Mal von flirrenden, mal von rhythmischen, hämmernden Klängen untermalt, entsteht so eine multimediale Collage im öffentlichen Raum.

Sohn Wuppertals

Die Verbindung von Friedrich Engels und seiner Heimatstadt ist prägend für das Veranstaltungsjahr, das ihn als „Denker“, „Macher“ und nicht zuletzt als „Wuppertaler“ zeigen möchte. „Engels ist Teil unserer Stadtgeschichte“, betont Oberbürgermeister Andreas Mucke in seiner Eröffnungsrede. Umgekehrt beeinflusste Wuppertal – im 19. Jahrhundert aufgrund seiner führenden Rolle in der Industrie auch das „deutsche Manchester“ genannt – Engels’ Blick auf das Verhältnis von Arbeit und Mensch. Unter den Programmpunkten der Eröffnungsfeier darf daher seine Elberfelder Rede von 1845 nicht fehlen. Was Friedrich Engels damals bei einer Versammlung im ‚Zweibrücker Hof‘ in Elberfeld den Anwesenden vorgetragen hat, präsentieren die Schauspielerinnen Julia Meier, Philippine Pachl und Julia Wolff auf der Bühne im Opernhaus. Mit einem nachdrücklichen „Meine Herren“ ergreifen sie das Wort und tragen abwechselnd und mit unterstützender Gestik Engels’ Überlegungen zu einer kommunistischen Gesellschaft vor. Dafür ernten die drei wiederholten Szenenapplaus und Bravo-Rufe.

Wirkungsgeschichte

Friedrich Engels sei auch ein Lebemann gewesen, ein Mensch voller Widersprüche, so Andreas Mucke, und „unbequem ist er heute noch“. Im Laufe der Geschichte seien Engels’ Theorien und Ideen interpretiert, missverstanden und missbraucht worden, doch vom heutigen Standpunkt scheinen viele seiner Ansätze aktueller denn je. Engels’ ambivalente Rolle hebt auch Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, in ihrem Grußwort hervor. Sie betont einerseits Engels’ soziales Denken, seinen Einsatz für Minderheiten, andererseits aber auch die „Wachsamkeit“, die mit Blick auf seine Wirkungsgeschichte erforderlich ist.

Oftmals weniger bekannt, so Pfeiffer-Poensgen, sei Engels’ als „Freund von Kunst und Kultur“. Beim Festakt im Opernhaus lassen einige der Programmpunkte den großen Denker in einem heiteren Licht erscheinen. Dazu tragen vor allem Auszüge aus dem Briefwechsel zwischen Marx und Engels bei, die von den Schauspielern Stefan Walz und Thomas Braus gelesen werden. Von Kostenaufstellungen und der finanziellen Misere ist dort die Rede, dazu kommen Ärger mit Verlegern und Beschwerden über das Lesepublikum. Die Bedeutung von Marx’ und Engels’ Theorien für spätere Generationen ist bis heute in Kultur und Literatur zu finden. Eine Darbietung von Hanns Eislers Lied vom Klassenfeind mit Texten von Bertolt Brecht, Ausschnitte aus Dietmar Daths Essay Maschinenwinter, die der Schauspieler Martin Petschan vorträgt, und ein „Arbeiterliedermedley“ des Schauspielensembles beweisen dies eindrucksvoll.

Klangvoller Rahmen

Angefangen beim Eröffnungsstück Médée von Luigi Cherubini, einer kraftvollen Befreiungsoper, über Revolutionsszenen aus Albert Lortzings Oper Regina bis zu Mossolows stürmischen Orchesterstück Die Eisengießerei bieten Sinfonieorchester und Mitglieder des Opernensembles unter der Leitung von Johannes Pell den passenden musikalischen Rahmen. Ein von Markus Baisch geleiteter Projektchor aus Wuppertaler Laiensänger*innen begeistert das Publikum mit einer professionellen Darbietung. Zum Abschluss des Abends, was könnte besser passen, spielt das Orchester die Internationale.

Die Auftaktveranstaltung hat gezeigt: Friedrich Engels hat viele Facetten, die es im aktuellen Festjahr bei mehr als 120 Veranstaltungen zu entdecken gilt!

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Foto: blickfeld Wuppertal