KulTour – eine (Entdeckungs-)Reise durch die Wuppertaler Kulturlandschaft

Abschlussfoto der KulTour. Foto: KulTour

Kulturell hat Wuppertal viel zu bieten: Von der Oper bis zur Poetry Slam-Bühne ist alles vertreten. Doch viele kennen sich in der Kulturszene kaum bis gar nicht aus. Auch die Flatrate „Bühne frei“, die es den Wuppertaler Studierenden ermöglicht, kostenfreie Karten für Veranstaltungen der Wuppertaler Bühnen zu erhalten, ist nicht überall bekannt. So werden viele gute Angebote nicht genutzt. Um dem entgegen zu wirken und den Studentinnen und Studenten Hochkultur und Kleinkunst ein wenig näher zu bringen, haben Rebekka Herrig (23) und Julia Wessel (27) im Rahmen des Seminars KulturCampus Wuppertal das Projekt „KulTour“ ins Leben gerufen.

von Wiebke Martens

An zwei Wochenenden im Oktober und Dezember letzten Jahres habe ich mich einem Dutzend Interessierter angeschlossen, um die Vielfalt an Literatur, Theater, Musik und Kunst in Wuppertal genauer kennenzulernen. Hier lasse ich meine Highlights aus sechs Tagen voller Kultur Revue passieren:

Die erste Station auf unserer Kultur-Tour ist das Underground. Für diejenigen, die Wuppertal nur durchs Pendeln oder durch Gelegenheitseinkäufe kennen, erscheint die Metalkneipe als ungewöhnlicher Ausgangspunkt für eine Stadtführung. Doch hier findet seit Jahren der fest im kulturellen Gefüge Wuppertals verankerte Poetry Slam-Abend statt, der auf jeden Fall einen Besuch wert ist. Verschiedenste Spoken Word Artists mit unterschiedlicher Bühnenerfahrung präsentieren jeweils zwei von ihnen verfasste Texte. Es sind sowohl Neulinge als auch alte Hasen am Mikrofon vertreten. So facettenreich wie die Charaktere sind auch ihre Beiträge: mal witzig, mal politisch, mal anregend oder nachdenklich. Den Sieger des Abends kürt das Publikum mittels Applaus.

Der Skulpturenpark Waldfrieden darf in einem kulturellen Rundgang durch Wuppertal nicht fehlen. Wir haben Glück: Trotz kalter Temperaturen lässt die Herbstsonne die Grünanlage, die Plastiken und die Skulpturen in einem besonderen Licht erstrahlen. Unsere Führung durch den Park beginnt bei der Villa Waldfrieden. Von außen bestaunen wir die auffällige Bauart des Gebäudes, das weder Ecken noch Kanten aufweist und sich durch seine organische Form in die umgebende Natur einfügt. Die Betrachtung der Skulpturen ist mit einem Spaziergang durch die Parkanlagen verbunden. Zu einem großen Teil stammen sie von Tony Cragg, dem die Gründung und Einrichtung des Parks zu verdanken ist. An dem einen oder anderen Ort verweilen wir und schauen uns das Dargebotene näher an. Oft ist es nur dank der Führung durch Birte Fritsch möglich, dass wir die Gegenstände oder Körper aus der richtigen Perspektive erkennen können. Dass der Skulpturenpark bei uns allen Anklang findet, wird schnell deutlich. Sara, Psychologiestudentin und KulTour-Teilnehmerin, fasst dies in Worte: „Der Skulpturenpark war ein Highlight, überwiegend wegen der tollen Führung und der Atmosphäre!“ KulTour-Organisatorin Julia lobt nicht nur die Unterstützung seitens des Skulpturenparks, auch die anderen Einrichtungen haben sich sehr kooperativ gezeigt: „Es ist großartig, wie engagiert viele der teilnehmenden Institutionen uns gegenüber sind. Uns steht ja fast überall ein persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung.“

Natürlich ist auch ein Besuch der Wuppertaler Stadthalle im Programm verankert. In unserem Fall am Sonntagmorgen, während eines Sinfonie-Konzerts. Allein das imposante Gebäude mit seinen großen Sälen, die über und über mit Ornamenten verziert sind, ist eine Besichtigung wert. Los geht es mit einer Einführung durch Education Managerin Heike Henoch, die uns die verschiedenen Stücke, die Instrumente, die Musiker, den generellen Ablauf und die Organisation eines solchen Konzerts näherbringt. Im Mittelpunkt steht der im Teheran geborene Cembalist Mahan Esfahani. „Die Orchesteraufführung hat mir am besten gefallen. Die hat mich emotional sehr berührt und entsprach ganz meinem Geschmack“, resümiert Sara.

Unsere KulTour führt uns mehrmals ins Theater. Das TalTonTheater zeigt das von Arthur Miller im Jahr 1953 uraufgeführte Drama Hexenjagd, das mit den Prozessen von Salem Ereignisse aus der US-amerikanischen Geschichte behandelt, bei denen viele Personen fälschlicherweise der Hexerei bezichtigt und hingerichtet wurden. Das Publikum ist bei dieser Inszenierung auf zwei Seiten des Vorstellungsraumes auf Tribünen verteilt, während die Schauspieler die Mitte des Raumes als Bühne nutzen. So separiert, sitzen wir sehr nah am Geschehen und der Eindruck entsteht, wir säßen mit im Gerichtssaal. Dem Ensemble gelingen überzeugende Darstellungen der zum Teil historischen Figuren, die sich in das bedrückende Ambiente um Furcht, Verdächtigungen und Verleumdungen einfügen.

Im Briller Viertel besuchen wir mit Rebekka und Julia die Galerie Droste, wo wir uns die Ausstellung California Love anschauen. Die Künstler stammen aus Kalifornien und präsentieren ihre Arbeit teilweise zum ersten Mal in Deutschland. Die vielfältigen Exponate gewähren einen kritischen Blick auf die amerikanische Gesellschaft. Besonders auffällig sind die bunten, dicht bemalten und teilweise chaotischen Gemälde von Andrew Schoultz. Wir stehen lange vor seinen Werken und entdecken jedes Mal Neues. Auch die Skulpturen von Libby Black ziehen immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich. Ihre sorgfältig aus Papier hergestellten, maßstabsgetreuen Gegenstände wie Schuhe, Koffer oder Skateboards ergänzen die Gemälde. „Die Galerie kannte ich vorher auch noch nicht“, so Rebekka, „es ist schön, dass ich selber so auch noch einmal andere Orte und Veranstaltungen in Wuppertal kennenlerne.“

Mit dem Besuch des Wuppertaler Opernhauses steht ein weiteres Theaterstück auf dem Programm. Das Wuppertaler Schauspielensemble inszeniert Heinrich von Kleists Der Zerbrochne Krug. Zunächst gibt die Dramaturgin Barbara Noth eine Einführung, die vor allem für diejenigen hilfreich ist, die die Handlung des Dramas noch nicht kennen. Es steht die Frage im Raum, wer bei der nächtlichen Flucht aus Eves (Lena Vogt) Zimmer den Krug vom Fensterbrett gestoßen und zerbrochen hat. Ein Verdächtiger ist mit Eves Verlobten Ruprecht (Alexander Peiler) schnell gefunden, doch der beteuert immer wieder seine Unschuld und hat natürlich ein eigenes Interesse daran, herauszufinden, wer sich nachts in Eves Zimmer herumtreibt. Die Umsetzung selbst ist außergewöhnlich: Das Bühnenbild ist schrill und reicht von leuchtenden Neon-Schriftzügen, über eine große, silbern glitzernde Treppe bis hin zu lebenden Hühnern. Die Figuren sind jeweils durch eigene Marotten und Eigenarten auffällig gezeichnet. Durch das Stück führt der Gerichtsrat Walter (Jonas Gruber). Bekleidet mit einem rosafarbenen Hosenanzug und ausgestattet mit einem breiten Dauergrinsen übernimmt er eine Art Moderation der ‚Adam and Eve-Show‘. Um wirklich alle kleinen Details im sorgsam gestalteten Bühnenbild zu finden, ist es wohl notwendig, das Stück ein weiteres Mal zu besuchen.

Am Ende unserer Kultur-Tour waren alle überaus zufrieden. Rebekka und Julia haben sich nicht nur als gute Organisatorinnen erwiesen, sie konnten zu jedem Programmpunkt hilfreiche Bemerkungen geben und uns so die kulturelle Vielfalt Wuppertals näher bringen. Das vielseitige Programm bietet eine gute Mischung aus Hochkultur und Kleinkunst, sodass jeder auf seine Kosten kommt. Rebekka und Julia zeigen sich mit dem Ergebnis der KulTour sichtlich zufrieden: „Ich fand es besonders schön, dass die Truppe sich von Anfang an so gut durchmischt hat. Das ist nicht selbstverständlich und ich glaube, das war ein Grundstein für die gute Stimmung an den beiden Wochenenden“, so Julias Fazit.

Mir hat die KulTour einen Querschnitt durch die Kulturlandschaft Wuppertals gezeigt. Ich habe Orte neu kennengelernt, denen ich vorher keine große Beachtung geschenkt habe, und Veranstaltungen besucht, die ich ohne das Projekt nicht wahrgenommen hätte. Das Angebot „Bühne frei“ werde ich in Zukunft sicher öfter nutzen.