von Larissa Plath
Seit September 2018 läuft die Ausstellung mit Werken der Malerin Paula Modersohn-Becker im Wuppertaler Von der Heydt-Museum. Wer die Gemälde der Künstlerin und ihrer Zeitgenossen aus Worpswede und Paris bisher noch nicht besichtigt hat, dem bietet sich noch bis zum 24. Februar die Gelegenheit dazu: Aufgrund des großen Anklangs wurde die ursprünglich bis Januar geplante Ausstellung um mehr als einen Monat verlängert.
Schon der Untertitel der gemeinsam mit dem Rijksmuseum Twenthe Enschede konzipierten Ausstellung verrät viel über Leben und Werk der 1876 geborenen Paula Modersohn-Becker: „Zwischen Worpswede und Paris“, hin und hergerissen zwischen der ruhigen Idylle einer norddeutschen Künstlerkolonie und den Verlockungen der pulsierenden Kunstmetropole, fand die aus Dresden stammende Malerin die Inspiration für ihren ganz eigenen Stil. Die Ausstellung im Von der Heydt-Museum greift dieses Spannungsfeld auf und zeigt Modersohn-Beckers Werke im Kontext mit Arbeiten ihrer Worpsweder Künstlerkollegen sowie der Pariser Avantgarde um Rodin, Cézanne und Gauguin.
Worpswede – „ein Wunderland, ein Götterland“ (Modersohn-Becker in einem Brief an ihre Eltern, 1897)
Ihre künstlerische Laufbahn beginnt mit Zeichenkursen in London und Bremen und führt Modersohn-Becker über den Verein der Berliner Künstlerinnen schließlich im Sommer 1897 für einen vierwöchigen Aufenthalt nach Worpswede. Dort kommt sie in Kontakt mit prägenden Figuren der Künstlerkolonie – darunter Fritz Mackensen, Hans am Ende, Fritz Overbeck, Otto Modersohn und Heinrich Vogeler – die nach dem Vorbild der französischen Freiluftmaler und fernab jeglicher akademischer Zwänge ihrem eigenen Stil folgen. Nicht nur die raue norddeutsche Umgebung selbst, sondern vor allem die Arbeiten der Worpsweder Landschaftsmaler wecken die Begeisterung der jungen Frau. Modersohn-Becker beschließt, nach Abschluss ihres Studiums in Berlin nach Worpswede zurückzukehren. Ab 1898 wird sie Schülerin von Mackensen, entwickelt aber trotz des Einflusses der Worpsweder Schule eine individuelle Form der analytisch-realistischen Darstellungsweise. Modersohn-Beckers früher Stil ist geprägt von einer starken Linienführung und großflächigen Formen; die ländliche Umgebung und ihre Einwohner, darunter Bäuerinnen und Menschen aus dem Worpsweder Armenhaus, werden zum Objekt der künstlerischen Ausdrucksform.
„ … und in der Ferne glüht, leuchtet Paris“ (Modersohn-Becker in einem Brief an ihre Tante, 1898)
Ihre erste von insgesamt vier Reisen nach Paris unternimmt die junge Malerin in der Silvesternacht 1900. Zusammen mit ihrer Freundin Clara Westhoff besucht sie das Institut Rodin und nimmt Unterricht an der École des Beaux-Arts. Die Künstlermetropole an der Seine entwickelt sich zu einer Quelle der Inspiration und einem Sehnsuchtsort, an den sie immer wieder zurückkehren wird. Einen Großteil ihrer Zeit verbringt Modersohn-Becker in Pariser Museen und Galerien, wo sie sich von den Werken französischer Künstler inspirieren lässt, später aber auch altjapanische und altägyptische Maltechniken studiert. Als besonders prägend erweist sich die Begegnung mit Rodin und der Besuch seines Ateliers während ihres zweiten Paris-Aufenthaltes. Ebenso bestärkt die Auseinandersetzung mit Werken von Cézanne, van Gogh und Gauguin Modersohn-Becker in der Entwicklung ihres eigenen Stils. In der Reduktion auf einfache, stilisierte Formen findet die Malerin ihre unverwechselbare Darstellungsweise, die sie zu einer Wegbereiterin der Moderne und einer Vorläuferin des Expressionismus macht.
Ausstellungskonzeption
Die im Von der Heydt-Museum präsentierte Sammlung zeigt neben dem über zwanzig Gemälde umfassenden museumseigenen Bestand unter anderem Leihgaben aus Worpswede, Bremen und Amsterdam und legt den Fokus auf die Entwicklung der jung verstorbenen Malerin. Während ihrer gerade einmal rund zehn Jahre umfassenden Schaffensphase gelang es Modersohn-Becker, sich in einer männlich dominierten Kunstwelt zu behaupten und allen Widerständen zum Trotz ihren eigenen künstlerischen Weg zu finden. Briefe und Tagebücher aus dem Nachlass der Malerin bilden die Grundlage vieler Aufarbeitungen in Form von Biographien oder Filmen – dieser Art der „Lebensdichtung“ will die Ausstellung im Von der Heydt einen dezidiert sachlichen Zugang zum Werk der Malerin entgegenbringen, ohne dabei ihre besondere Lebensgeschichte aus dem Blick zu verlieren. Paula Modersohn-Beckers Suche nach dem (Künstler-)Ich, so verdeutlicht es die Ausstellung, fand nicht nur zwischen Worpswede und Paris statt, sondern war auch geprägt vom Konflikt zwischen weiblichen Rollenbildern und der Freimachung von diesen gängigen Vorstellungen.
Lesung aus dem Briefwechsel
Das umfangreiche Begleitprogramm zur Ausstellung schließt Anfang Februar mit einer Lesung, die dem interessierten Publikum Einblicke in den künstlerischen Dialog und die Gedankenwelt der Malerin erlaubt. Die Schauspieler Verena Güntner und Robert Levin lesen Passagen aus dem 2017 im Buchformat veröffentlichten Briefwechsel zwischen Paula Modersohn-Becker und ihrem Mann Otto Modersohn. Ergänzt wird die Veranstaltung durch eine Einführung von Antje Modersohn, Enkelin der Künstlerin und Mitherausgeberin des Briefwechsels.
Paula Modersohn-Becker
Zwischen Worpswede und Paris
verlängert bis 24.02.2019
Von der Heydt-Museum
Turmhof 8
42103 Wuppertal
Öffnungszeiten
Di-So 11-18 Uhr
Do 11-20 Uhr
Mo geschlossen
Preise
Tagesticket Ausstellung: 12 Euro, 10 Euro für Studierende
Öffentliche Führung: Tagesticket + 4 Euro
Die Tickets können online oder an der Museumskasse erworben werden.