Moderner Klassiker im TiC-Theater: Edward Albees „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“

Foto: Martin Mazur

von Larissa Plath

Eine Aufschrift in einer Bar im New Yorker Szeneviertel Greenwich Village lieferte Edward Albee die Idee für den Titel des Dramas, das zu seinem Meisterwerk werden sollte: In Anlehnung an das bekannte Kinderlied um den „großen bösen Wolf“ kommt Albees Stück auf den ersten Blick harmlos daher, entpuppt sich aber sehr schnell als bitterböse Satire, die mit dem ‚American Way of Life‘ abrechnet. Das Cronenberger TiC-Theater nimmt Albees meistgespieltes Werk im Rahmen der Reihe „Starke Stücke“ in den aktuellen Spielplan auf. Die Premiere am vergangenen Freitag war zugleich das Regiedebüt von Stefanie Smailes – als ausgebildete Musicaldarstellerin und ehemaliges TiC-Ensemblemitglied kehrt sie damit an ihre alte Wirkungsstätte zurück.

„Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ wurde 1962 in New York uraufgeführt und nicht zuletzt durch Mike Nichols’ Verfilmung aus dem Jahr 1966 – die Hauptrollen spielten Elizabeth Taylor und Richard Burton – zu einem modernen Klassiker des 20. Jahrhunderts. Die Handlung von Albees Variante des amerikanischen Familiendramas ist schnell zusammengefasst: Nach einer Party bekommen George, Geschichtsprofessor an einem kleinen College in New England, und seine Frau Martha zu später Stunde Besuch von Georges jungem Kollegen Nick und dessen Frau Honey. George fühlt sich überrumpelt, da Martha die beiden auf Anraten ihres Vaters und ohne sein Wissen eingeladen hat. Der Alkohol fließt, die ohnehin schon gereizte Stimmung wird durch die gegenseitigen Anschuldigen und Beleidigungen von George und Martha nur noch angespannter. Als die Situation schließlich eskaliert, werden Nick und Honey Zeugen eines erbitterten, schon lange brodelnden Ehekriegs – erst nur als Zuschauer, dann als Mitspieler bei diesem abendfüllenden Kräftemessen.

Jede der Figuren verstrickt sich in ihren Illusionen und konstruierten Geschichten, entzieht sich so jeglicher Konfrontation mit der Realität. In Albees Version des absurden Theaters beginnt die Fassade zu bröckeln, Abgründe tun sich auf und augenscheinlich haltgebende Konventionen werden als leere Hülle enttarnt. Wie in vielen anderen Werken des Pulitzer-Preisträgers werden der Kontrast zwischen Schein und Sein und die Frage nach individueller Sinnsuche zu zentralen Themen.

Wer hat Angst vor Virginia Woolf?
„Who’s Afraid of Virginia Woolf?“
von Edward Albee
In deutscher Übersetzung von Pinkas Braun

Termine im TiC-Theater:

Fr. 16.11.2018 20:00 Uhr
Sa. 17.11.2018 20:00 Uhr
So. 25.11.2018 19:00 Uhr
So. 02.12.2018 19:00 Uhr
Fr. 14.12.2018 20:00 Uhr
So. 16.12.2018 19:00 Uhr
Sa. 29.12.2018 20:00 Uhr

Tickets für die kommenden Veranstaltungen sind telefonisch (0202 472211) oder über https://www.tic-theater.de/ erhältlich.