Buchtipps: Sucht, Exzess, Obsession

Don’t try this at home! Wer die aufregenden Seiten des Rausches erfahren möchte ohne sich den Gefahren auszusetzen, dem sei unsere aktuelle Bücherliste ans Herz gelegt. In einer kleinen, aber feinen Auswahl stellen wir euch wahre Schmankerl der Literatur vor, in denen sich alles um Drogen, Sucht, den nächsten Kick und den alles übertreffenden Rausch dreht.

 

Kerstin empfiehlt:
Tom Wolfe – Der Electric kool-aid acid Test

Ken Kesey gelang mit seinem Debütroman Einer flog über das Kuckucksnest 1962 der literarische Durchbruch. Der neue Liebling der Literaturszene bestach durch eindrucksvolles Auftreten und eine faszinierende Persönlichkeit. Es verwundert also nicht, dass sich Mitte der 60er Jahre beinahe eine Art Kult um den charismatischen Mann entwickelt, um den sich eine Gemeinde aus treuen Anhängern schart. Tom Wolfe, Lichtgestalt des New Journalism und begnadeter Beobachter, begleitete die ‚Merry Prankster‘ in ihrem neonbunten Bus ‚Furthur‘ quer durch Amerika und dokumentierte nicht nur sämtliche Drogenexperimente samt ihrer zuweilen irren Auswirkungen. Gleichzeitig lieferte Wolfe ein spannendes, vielschichtiges Sittengemälde der Außenseiterkultur der ‚swinging sixities‘ ab: Hippies, Studenten, Künstler, Junkies, Rumtreiber, ehemalige Beatniks – dazu ein bisschen Gras, etwas Meskalin, viel LSD und ein großer Plan von Kesey, das sind die Zutaten, die hier zu einem bunten Meisterwerk über Drogen, den Rausch und den Wunsch nach einem erweiterten Bewusstseins komponiert wurden, das auch heute noch die Magie einer einmaligen Reise heraufbeschwört.

 

Larissa empfiehlt:
William S. Burroughs – Junky

William S. Burroughs, amerikanischer Schriftsteller und Mitglied der ‚Beat Generation’, wurde vor allem durch seine skandalumwitterten späteren Werke zu einer literarischen Ikone. In seinem ersten und stark autobiographisch geprägten Roman Junky beschreibt er den Alltag eines Drogenabhängigen im New York der frühen 1950er Jahre und das ständige Auf und Ab eines Lebens, in dem sich alles um den nächste Schuss dreht.

Seine Sprache ist glasklar, nüchtern und gefärbt vom damaligen Slang der Drogenszene. Burroughs’ unsentimentale Darstellung mutet beinahe wie eine systematische Erforschung der Gegebenheiten an: Der Erzähler und Protagonist Bill ist objektiver Beobachter und Teil der Szene zugleich, analysiert die verschiedenen Wirkungsweisen der Rauschmittel, das Netz aus Drogenhandel, Konsum und Entzug. Nicht umsonst gilt Burroughs’ Junky als ‚Klassiker’ unter den Drogenromanen.

 

Nadine empfiehlt:
Benjamin von Stuckrad-Barre – Panikherz

In seinem 2016 erschienenen autobiographisch geprägtem Buch erzählt der seit jeher polarisierende Popliterat Stuckrad-Barre aus seinem Leben: von seiner Kindheit über die Anfänge seiner Karriere, von seiner Drogensucht und Essstörung, seinen Klinikaufenthalten, seiner großen Liebe zu seinem Idol Udo Lindenberg und von seiner aktuellen Situation, nüchtern im Hotel Chateau Marmont in Los Angeles.

Wahnsinnig witzig und zugleich tiefst schockierend schreibt Stuckrad-Barre über seine Dämonen, die ihn all die Jahre begleiteten – schonungslos offen und ehrlich, mit derbem, bösem Humor, der dennoch eine zarte Seite, eine verletzliche Seele offenbart. Heftig und spannend ist die Lektüre, ergreifend und humorvoll zugleich. Auch wenn es in diesem Buch wie gewohnt popkulturelle Einflüsse gibt, ist es doch ein sehr persönlicher Roman, der den zerbrechlichen Menschen Benjamin von Stuckrad-Barre hinter dem Autorphänomen zeigt.