Die Vorstellung, sich bei den aktuellen Temperaturen stundenlang im Auto aufzuhalten dürfte nicht jeden entzücken. Wer lieber auf dem heimischen Balkon die Füße hochlegen und dennoch die Freuden eines Roadtrips genießen möchte, greift am besten zu einer unserer Buchempfehlungen.
Nadine empfiehlt:
Reif Larsen – Die Karte meiner Träume
T.S. Spivet ist zwar erst 12 Jahre alt, aber schon ein kleines Genie. Genau wie seine Mutter brennt in ihm eine große Liebe zur Wissenschaft. Als er eines Tages nach Washington eingeladen wird, um dort einen Preis für seine Forschung zu erhalten – niemand ahnt, dass er noch ein Kind ist – macht er sich allein auf den Weg quer durch die USA.
T.S. Spivet ist ein wahnsinnig liebenswürdiger Hauptcharakter à la Oskar Blum (Extrem laut und unglaublich nah) und Christopher Boone (Supergute Tage), den man als Leser nur zu gerne bei seinem Roadtrip nach Washington begleitet. Obdachlose, nächtliche illegale Fahrten auf Güterzügen, ein sprechendes Wohnmobil und ein Club zu Ehren eines Riesenfaultiers – Reif Larsen hält viele irrwitzige Abenteuer für seinen Protagonisten bereit und schmückt diese mit Illustrationen, Diagrammen, Karten und Erklärungen des Nachwuchsforschers. Ein wundervoller Roman, der herrlich unterhält und liebevoll gestaltet wurde.
Kerstin empfiehlt:
Jack Kerouac – On the road
Dieser nicht umsonst zum Kultbuch gewordene Roadtrip durch die USA der 1950er Jahre hat alles, was dazu gehört: Sex, jede Menge Alkohol und Drogen, Jazz und die unbegreiflichen Weiten der Vereinigten Staaten, die nur noch von dem unbändigen Drang nach Freiheit der Protagonisten übertroffen werden. Wer sich auch nur im Ansatz für die amerikanische Gesellschaft dieser Zeit interessiert oder für das Konzept des american way of life, der findet in On the road einen fesselnden, schonungslosen Einblick in die Welt der Hobos, Gelegenheitsarbeiter, des Bepops und der jungen Wilden und erlebt die Anziehungskraft, die ausgeht von Amerika.
Laura empfiehlt:
Felicitas Hoppe – Prawda. Eine amerikanische Reise
Felictias Hoppe reist in ihrem 2018 erschienenen Buch durch die USA, allerdings nicht ohne Ziel und Plan, sondern auf den Spuren der Journalisten Ilja Ilf und Jewgeni Petrow, die ebenjene Reise 1935 im Auftrag der russischen Zeitung Prawda (russisch für „Freiheit“) unternommen haben.
Hoppe beginnt, ebenso wie die beiden Journalisten, im Nordosten der USA, um dann über Chicago, Oklahoma und Las Vegas bis nach San Francisco und wieder zurück zu reisen, immer auf der Suche nach der heutigen Freiheit in Amerika.
Das Buch kann allen empfohlen werden, die Fernweh nach den USA haben und bereit sind, einen spannenden und unkonventionellen Roadtrip zu beginnen, der durch Hoppes interessantes Resümee über das gegenwärtige Amerikas zum Nachdenken anregt.
Janina empfiehlt:
Roope Lipasti – Ausflug mit Urne
Nüchtern jedoch actionreich vollzieht sich Lipastis papiergewordener Roadtrip durch die finnische Provinz: Teemu und Janne, zwei Brüder wie Feuer und Wasser, sind nach dem Tod ihres Vaters Jalmari gezwungen, sich trotz aller (familiären) Zerwürfnisse am Riemen zu reißen, denn sie haben eine Mission zu erfüllen: Sie müssen die sterblichen Überreste Ihres alten Herren quer durch Finnland ins ostfinnische Imatra fahren, weil dessen letzter Wille dort verkündet wird. Die unfreiwillige Reise entpuppt sich als Reise in die Vergangenheit der beiden Hauptfiguren und ihrer Ahnen, denn das Problem mit Reisen ist ja bekanntlich, dass man sich selbst, egal wohin man fährt, immer mitnimmt.
Das außergewöhnliche an diesem Roman ist meiner Meinung nach nicht der Plot oder die Roadtrip-Handlung. Es sind vor allem die Dialoge und Reflexionen der komplex angelegten Figuren mit einer gepflegten Portion skandinavischem selbstironischem Humor, finster wie nordische Wintertage, wenn man weiß, dass die Sonne es erst im Frühjahr wieder über die Gipfel schaffen wird. Daneben wimmelt es nur so von „finnischen“ Lebensweisheiten, die ich allesamt und ohne zu zögern bestätigen und auf Kissen sticken möchte:
„Aus irgendeinem Grund stand mir der Sinn nach Nudelauflauf. Ich vermutete, dass es den nirgends geben würde, denn gerade aus dieser Art von Enttäuschungen bestand das Leben.“