Die aktuelle Spielzeit der Wuppertaler Bühnen neigt sich dem Ende zu, bald schon kehrt Ruhe ein und die verschiedenen Spielstätten fallen in ihren wohl verdienten Sommerschlaf. Schon jetzt ist die Vorfreude auf das neue Programm groß: Opernintendant Berthold Schneider, Schauspielintendant Thomas Braus und Generalmusikdirektorin Julia Jones stellen spannungs- und abwechslungsreiche Spielpläne für die anstehende Saison vor – eine Kombination aus Neuem und Bewährtem, Bekanntem und Unbekanntem.
von Larissa Plath
OPER
Zur gemeinsamen Eröffnung der neuen Spielzeit warten Oper und Sinfonieorchester am 8. September 2018 in den historischen Räumen der Stadthalle mit keinem geringeren Klassiker als Goethes Werther auf. Die Fassung des französischen Opernkomponisten Jules Massenet aus dem 19. Jahrhundert wird mit einer modernen Videoinstallation kombiniert. Prominent besetzt ist die konzertante Aufführung mit Catriona Morison als Charlotte und Sangmin Jeon als Werther.
Ihre Premiere in Wuppertal feiern auch weitere Klassiker wie Giuseppe Verdis Luisa Miller nach einer Inszenierung der prämierten Newcomerin Barbora Horáková Joly, Wolfgang Amadeus Mozarts Hochzeit des Figaro in einer Koproduktion mit der English National Opera und unter musikalischer Leitung von Julia Jones sowie nicht zuletzt Erich Wolfgang Korngolds im Jahre 1920 uraufgeführte, spätromantische Oper Die Tote Stadt, die nach ihrer Wiederentdeckung Einzug in so manchen Spielplan der letzten Jahre gehalten hat.
Exotische Gefilde betritt die Oper Wuppertal mit ihrer Inszenierung von Franz Lehárs Operette Das Land des Lächelns, einem Stück über die Liebe zwischen zwei Kulturen in der Atmosphäre des Fin-de-siècle. Die Koproduktion der Oper Hongkong und des Theaters Erfurt feiert unter der Leitung von Guy Montavon Premiere im Wuppertaler Opernhaus und glänzt mit aufwendigen Dekorationen und authentischen chinesischen Kostümen.
Einen weiteren Höhepunkt stellt John Cages experimentelle Produktion play Europeras 1&2 dar. In Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstlerkollektiv ‚Rimini Protokoll‘ bringt die Oper Wuppertal Cages spektakuläre „Abrechnung“ mit der europäischen Operntradition auf die Bühne, in der Bekanntes radikal dekonstruiert und dem Zufallsprinzip folgend während jeder Aufführung zu einem neuen Mosaik zusammengefügt wird.
„Brücken schlagen“ lautet die Devise, wenn Zuschauer aller Generationen und unkonventionelle Einflüsse zum Teil des musikalischen Erlebnisses werden. Zum Mitmachen lädt die Community-Oper Das Labyrinth von Jonathan Dove ein, eine aktualisierte Version des antiken Mythos des Theseus. Mit dem Musiktheater Kleines Stück Himmel können auch schon die jüngsten Zuschauer ab zwei Jahren einen Einblick in die Welt der schönen Künste gewinnen. Die erfolgreiche Reihe Sound of the City bleibt bestehen und begibt sich in der neuen Spielzeit auf Entdeckungstour durch die Klänge der Wuppertaler Clubszene.
Zu den Wiederaufnahmen zählen neben Hänsel und Gretel der Klassiker Carmen (beide werden unter dem Motto „Große Oper klein“ auch in einer gekürzten Fassung für ein junges Publikum präsentiert) sowie Richard O’Briens gefeiertes Kultmusical The Rocky Horror Show.
SCHAUSPIEL
Die neue Saison des Schauspiels Wuppertal steht ganz im Zeichen des Aufbruchs, der Bewegung und Veränderung; eine Thematik, die sich auch in der Erkundung neuer Spielräume widerspiegelt. Inspiriert ist dieser Ansatz von dem bewegten Leben der in Elberfeld geborenen Dichterin Else Lasker-Schüler, deren Geburtstag sich 2019 zum 150. Mal jährt. Während ihres Exils in Jerusalem entstand 1940/41 die unkonventionelle Tragödie IchundIch, eine parodistische Bearbeitung des Faust-Stoffes, zu der das Schauspiel Wuppertal eine vielschichtige Inszenierung aus Collage, Tanz, Musik und Gesang plant.
Eröffnet wird die anstehende Saison mit einem Klassiker: Heinrich von Kleists Lustspiel Der zerbrochne Krug feiert unter der Regie von Marcus Lobbes seine Premiere im Opernhaus. Im Theater am Engelsgarten wird die neue Spielzeit ebenfalls komödiantisch eingeläutet. Unter der Regie von Kristin Trosits zeigt das Schauspiel Wuppertal zwei Stücke der renommierten deutschen Dramatikerin Theresia Walser in einer Doppelinszenierung an einem Abend. Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm und Nach der Ruhe vor dem Sturm fügen sich zu einer bitterbösen Satire auf die Schauspielwelt zusammen und demonstrieren gezielt widersprüchliche Perspektiven.
Mit Blick zurück im Zorn findet ein thematisch hochaktuelles Stück Eingang in den Spielplan: Das Erstlingswerk des britischen Dramatikers John Osborne setzt sich mit der Chancenlosigkeit der jugendlichen Arbeiterklasse in den 1950er Jahren auseinander und machte den Autor zu einem bedeutenden Vertreter der gesellschaftskritischen „angry young men“ jener Zeit.
Weitere Werke, die den Blick auf derzeitig relevante Fragen lenken, sind Im Schatten kalter Sterne von Christoph Nussbaumeder, welches potentielle Möglichkeiten sowie Kehrseiten künstlicher Intelligenz auslotet, und Roland Topors französische Groteske Ein Winter unterm Tisch, die ins Absurde geführte Darstellung eines Asylsuchenden. Franz Xaver Kroetz’ Komödie Der Drang legt die unter der biederen Hülle versteckten Fantasien der dargestellten Figuren offen und entwickelt dabei eine eigene Kunstsprache.
Auch ein wahrer Shakespeare-Klassiker hält mit der Premiere von Richard III nach einer Inszenierung von Henri Hüster Einzug in die Wuppertaler Theaterbühnen.
Passend zum Beginn der besinnlichen Zeit des Jahres ist das Märchen Drei Haselnüsse für Aschenbrödel als Familienstück zunächst im Theater am Engelsgarten und dann auch im Opernhaus zu sehen. In Anlehnung an die bekannte tschechische Verfilmung des Grimm‘schen Märchens wird die Wuppertaler Inszenierung von der originalen Filmmusik untermalt, die (an ausgewählten Terminen auch live) vom Sinfonieorchester gespielt wird.
In Zusammenarbeit mit der Akademie der inklusiven Künste ‚Glanzstoff‘ werden mit Der kleine schwarze Fisch und Mir nach! gleich zwei Premieren auf die Bühne gebracht.
Das beliebte Format „Schnappschuss“ findet seine Fortsetzung und lässt sich Ende September zum Einstieg in die neue Saison von der Flora und Fauna des Wuppertaler Zoos inspirieren. Einige der erfolgreichsten Stücke aus der letzten Spielzeit bleiben im Repertoire erhalten, unter anderem Die Hölle/Inferno, Odyssee, Bilder von uns (nominiert für das „nachtkritik-Theatertreffen 2018“), sowie die zum Saisonende aufgeführten Werke Zur Mittagsstunde und Die Glasmenagerie.
SINFONIEORCHESTER
Ganze zehn Sinfoniekonzerte stehen in der neuen Spielzeit auf dem Plan: Den Auftakt bildet ein Konzert im Zeichen der russischen Komponisten Mussorgsky, Strawinsky und Rimski-Korsakow, bei dem Igor Strawinskys lange verloren geglaubtes Orchesterwerk Chant funèbre seine Wuppertaler Erstaufführung im Großen Saal der Historischen Stadthalle feiert. Weitere Konzerte führen unter anderem in die musikalischen Welten Ravels, Gershwins und Bernsteins, lassen die Darbietung von Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 auf William Waltons 1935 uraufgeführte, stürmische Sinfonie Nr. 1 treffen und entführen mit dem traditionellen chinesischen Instrument Sheng, einer Art Mundorgel, in exotische Klangwelten. Eine Uraufführung der besonderen Art bildet das Percussionkonzert Oraculum des katalanischen Komponisten Oriol Cruixent, das im Rahmen des 9. Sinfoniekonzertes von der gefeierten jungen Schlagzeugsolistin Vivi Vassileva präsentiert wird, die schon in der letzten Spielzeit in Wuppertal zu Gast war.
Neben der bereits erwähnten Saisoneröffnung im Zusammenspiel mit der Oper findet eine Vielzahl an weiteren Sonderkonzerten statt, darunter ein Benefizkonzert mit Klängen von Wagner, Brahms, Copland und Dvořák, sowie das traditionelle Neujahrskonzert, dieses Mal mit Musik von Jacques Offenbach. „Hollywood auf dem Johannisberg“ heißt es, wenn unvergessene Klassiker der Filmmusik im Großen Saal erklingen und unter Leitung des britischen Dirigenten Nic Raine den Abschluss des Familien-Musikfestes bilden.
In der kommenden Saison darf auch die erfolgreiche Konzertreihe „Uptown Classics“ nicht fehlen – verschiedenste Orte der Region, angefangen beim WSW Betriebshof in der Varresbeck bis hin zur Gebläsehalle Henrichshütte in Hattingen, eröffnen außergewöhnliche Spielräume und laden die Zuschauer fernab der gewohnten Konzertkulisse zu klassischer und barocker Musik ein.
Ein ganz besonderes Ereignis erwartet alle Freunde der Musik, die den Melodien nicht nur lauschen, sondern selbst Teil eines „1000-Stimmen-Chores“ werden möchten: Frei nach dem Motto „Halleluja! Wuppertal singt!“ sind im Juni 2019 begeisterte Sänger jeder Altersgruppe, ob Laie oder Profi, herzlich dazu aufgerufen, gemeinsam mit dem Sinfonieorchester und unter der Leitung von Julia Jones zu einem außergewöhnlichen musikalischen Abend beizutragen (zur Vorbereitung können die Noten ab dem 1. Dezember 2018 auf der Homepage des Sinfonieorchesters heruntergeladen werden).
Komplettiert wird der facettenreiche Spielplan unter anderem durch sechs Kammerkonzerte im Mendelssohn Saal der Historischen Stadthalle, drei Chorkonzerte sowie nicht zuletzt durch ein breites musikalisches Angebot für Schulen und Kindergärten, welches schon den Kleinsten die klassische Musik ein Stück näher bringt.
VORVERKAUF
Ab dem 2. Juli 2018 für alle Produktionen und Abonnements der Wuppertaler Bühnen (mit Ausnahme von Drei Haselnüsse für Aschenbrödel) über die KulturKarte (0202 563 76 66).
Nicht vergessen: Studierende der BUW erhalten nach Reservierung freien Eintritt!