„Musik trifft Literatur“: Studierende der BUW begeistern mit „Alte Liebe. Neue Lieder“

v.l.n.r.: Thorsten Kellner, Cornelia Niedzkowski, Rebecca Ludwig, Johanna Grube, Clara Hütterott, Julia Sieper, Rebekka Herrig, Christopher Jablonka. Foto: © Gerhard Menzel

IMG_7799von Julia Wessel

Was geschieht, wenn Jean Paul Sartre, Erich Kästner, Franz Liszt und Dead Can Dance aufeinandertreffen? Die Antwort lautet: große Kunst! Das bewiesen sechs Studierende der Bergischen Uni Wuppertal mit drei ebenso gut besuchten wie gelungenen Vorstellungen unter dem Titel „Alte Liebe. Neue Lieder“. 15 Jahre lang leitete Cornelia Niedzkowski, Gesangsdozentin im Fachbereich Musikpädagogik, das Projekt „Musik trifft Literatur“. Die vergangenen drei Aufführungen waren jedoch vorerst die letzten Veranstaltungen dieser Reihe.

„Gadjama gramma berida bimbala glandri galassassa laulitalomini…“ Die unheilvollen Beschwörungsformeln scheinen von überallher zu kommen. Vier der sechs Darsteller haben sich in elegantem Schwarz auf der kleinen Bühne im Musiksaal der Uni um ein Mikrofon versammelt, das die geheimnisvollen Worte mitten in den dunklen Zuschauerraum trägt. Unter großen Gesten werden die verbleibenden zwei Ensemblemitglieder in den Kreis der aufgenommen – und das Spektakel beginnt.
„Muss man denn immer von Liebe sprechen?“ Ja, findet das Ensemble. In kurzweiligen 75 Minuten werden in wiederkehrenden Szenen pointierte Bilder verschiedener Emotionen rund um menschliche Beziehungen gezeichnet, von der naiven Idealvorstellung bis hin zur rationalen Zweckgemeinschaft – und das ohne eine zusammenhängende Gesamthandlung. In einer wilden Collage literarischer Texte, die unterschiedlicher nicht sein könnten, entfalten die Worte der hervorragend ausgewählten Passagen ihre gesamte Wirkungskraft.

Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein! (Kurt Tucholsky)

Texte und Schauplätze wechseln in Sekundenschnelle: Mit nur wenigen Handgriffen wird der minimalistische Bühnenraum zu Sartres Hölle, dessen „Geschlossene Gesellschaft“ neben Texten von Heinrich Heine, Kurt Tucholsky und dem Dadaisten Hugo Ball einen entscheidenden Teil der Szenerie einnimmt. Die von Thorsten Kellner entwickelten Klang- und Videoinstallationen spiegeln geschickt das Bühnengeschehen, führen es auf virtueller Ebene fort und erzeugen gemeinsam mit überwiegend klassischen musikalischen Einspielungen eine spannungsreiche Atmosphäre, die eine gelungene Abwechslung zur Dichte der vorgetragenen Texte darstellt.

Jedes der unzähligen synchron gesprochenen Wörter, jede bis ins Detail abgestimmte Bewegung spiegelt die intensive Probenarbeit, die hinter dem beeindruckenden Ergebnis steht. Die Leistung der Darstellenden bewegt sich lückenlos auf höchstem Niveau, sei es in Gestik und Mimik, im Gesang oder im anspruchsvollen Schauspiel – wie etwa im atemberaubend schnellen Rezitieren zusammenhangsloser Rezepte. In zahlreichen komischen Momenten wie diesem löst sich die konzentrierte Spannung im Zuschauerraum in herzlichem Gelächter. Zum Ende der Vorstellung schließt sich der dadaistische Rahmen um das Geschehen, bevor alle Beteiligten der Produktion mit tosendem Applaus belohnt werden – zu Recht.


Mitwirkende

Ensemble: Johanna Grube, Rebekka Herrig, Clara Hütterott, Christopher Jablonka, Rebecca Ludwig, Julia Sieper

Technik: Tim Sommer, Julian Suzuki
Text: Cornelia Niedzkowski
Sounds, Klangcollagen, Videoinstallationen: Thorsten Kellner
Idee, Einstudierung und Inszenierung: Cornelia Niedzkowski und Thorsten Kellner