von Julia Wessel
Die Wuppertaler Immanuelskirche ist bis auf den letzten Platz besetzt. Das ist keine Seltenheit, wenn Chor und Orchester der Bergischen Universität unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Christoph Spengler zu ihrem traditionellen Semesterabschlusskonzert laden – so auch am vergangenen Mittwoch nach einem erfolgreichen Debüt des aktuellen Programms in Düsseldorf.
Nach einem Grußwort des Universitätsrektors Prof. Dr. Lambert Koch beginnt das Konzert mit einem spannungsvollen Auftakt: Der Kölner Gastsolist Yuhao Guo lässt die ersten dramatischen Akkorde des Klavierkonzerts Nr. 2 in c-Moll von Sergei Rachmaninow erklingen. Als nach wenigen Takten unheilvoll leise die Streicher des Uni-Orchesters einsetzen, entwickelt sich nach und nach ein harmonisches Wechselspiel zwischen dem Ensemble und dem 25-jährigen Pianisten – trotz weniger gemeinsamer Proben. Vor allem der Streicherklang des Orchesters, der mit jedem Konzert voller zu werden scheint, trägt die sanft perlenden Klaviertöne des talentierten Solisten. Dessen Finger gleiten in atemberaubender Geschwindigkeit über die Tasten und interpretieren die virtuosen Soloparts mit ebenso viel Gefühl wie die zarte Untermalung des Orchesters. Mit ungeheurer Dynamik wechseln die jungen Musiker vom sanften Ende des zweiten Satzes in den lebhaften Beginn des dritten – mittlerweile völlig zu einer Einheit verschmolzen. Völlig zu Recht ernten Yuhao Guo und das Ensemble für diese musikalische Leistung bereits erste Standing Ovations. Mit einer warmherzigen Danksagung verabschiedet Christoph Spengler den Solisten und damit auch ein beeindrucktes Publikum aus einem spannungsreichen ersten Akt.
Musikalische Qualität bei gelöster Stimmung
Auch der rund 50 Stimmen starke Chor weiß mit einem gewohnt facettenreichen Programm zu überzeugen: Auf das einfühlsame You’ve Got A Friend Carole Kings folgt ein vergnügtes Boogie Down, dessen ansteckender Rhythmus erstmalig Bewegung in den konzentrierten Zuschauerraum bringt. Unter Begleitung einer kleinen Bandbesetzung glänzt der Ferienchor, der in reduzierter Besetzung auch in der vorlesungsfreien Zeit probt, mit When Sunny Gets Blue, um sich dann bei einem charmanten Bésame Mucho wieder in voller Besetzung zu präsentieren. Klanglich passend ausgewählte Solostimmen verleihen dem vollen Chorklang eine ganz besondere Note, wenngleich die Akustik sie leider nicht bis in alle Winkel der Kirche zu transportieren vermag. Spätestens jedoch als nach Christoph Spenglers schwungvollem „One, two, three, four…!“ der unverkennbare Sprechgesang des Sommerhits Uptown Funk von Bruno Mars ertönt, schafft es kaum ein Zuschauer, weiterhin still zu sitzen.
Gut gelaunt leitet Christoph Spengler mit amüsanten Anekdoten zu Komponisten und Werkentstehungen durch den Abend. Dass ihm die Arbeit mit den Uni-Ensembles am Herzen liegt, ist in seinen stolzen Ansagen ebenso zu spüren wie in seinem gefühlvollen Dirigat, das die Dynamik der dargebotenen Musik widerspiegelt. Die beschwingten Nummern sorgen im Gegensatz zum konzentrierten ersten Programmteil für eine unbefangene Atmosphäre, ebenso wie organisatorische Improvisationen der Musiker, etwa bei langen Laufwegen zwischen Chor und Orchester, herunterfallenden Notenblättern oder ähnlichen sympathischen Zwischenfällen. Es ist offensichtlich, was bei aller musikalischen Professionalität für die Ensembles der Bergischen Uni im Vordergrund steht: Die Freude am gemeinsamen Musizieren.
Ohrwurm inklusive
Ergänzt wird das Programm durch Beiträge kleinerer Formationen innerhalb des Orchesters: Das Barock-Ensemble hat sich mit einem Concerto von Baldassare Galuppi wieder einmal einiges vorgenommen, denn von diesem Stück existiert nicht eine einzige Aufnahme. „Also hören Sie gut zu!“, schmunzelt Spengler, der das barocke Werk selbst am Flügel begleitet. Auch den Blechbläsern des Orchesters, die im Klavierkonzert kaum etwas zu spielen hatten, wird ein eigener Auftritt gewährt. Die beiden sehr verschiedenen Brass Cats von Chris Hazell bringen zwar nicht ausschließlich gerade Töne mit sich, beleuchten jedoch die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der sonst oft im Hintergrund agierenden Instrumente.
Seitens des Orchesters ist vor allem Calvin Custers A Salute To The Big Apple nach Rachmaninows Klavierkonzert das zweite Highlight des Abends. Unsterbliche Melodien altbekannter Songs wie New York, New York erwecken mit eingängigen Rhythmen und feierlich klaren Akzenten im Blech den Charme vergangener Zeiten und bilden einen gebührenden Abschluss für das außergewöhnlich abwechslungsreiche und musikalisch enorm anspruchsvolle Programm. Für den anhaltenden Beifall und die Standing Ovations bedanken sich die Ensembles schließlich noch einmal mit dem unangefochtenen Publikumsliebling des Abends: Uptown Funk, diesmal mit voller Orchesterbesetzung. Im Publikum wird ausgelassen gewippt, geklatscht und im Hinausgehen weitergesummt. Das eindringliche „Don’t believe me, just watch!“ wird die Zuhörer sicher noch eine Weile begleiten…