Romeo trifft Asterix: Erfolgreiche „Schnappschuss“-Premiere des Wuppertaler Schauspielensembles

IMG_7799
von Julia Wessel

16:45 Uhr im Barmer Rathaus. Immer mehr Schaulustige versammeln sich rund um das beliebte Paternoster, einige wandern hin und her und suchen den perfekten Blickwinkel. Mitarbeiter des Rathauses steigen nach getaner Arbeit aus dem altmodischen Aufzug und stolpern verwirrt in die Menschentraube. Gelächter.

17 Uhr. Plötzlich erscheint ein junger Mann in weißer Satinjacke und Perücke und beginnt, aus einem gelben Reclam-Heft lesend, seine Julia anzubeten. Kurz darauf – „Oh, sie spricht!“ (Romeo) – erschallt die Antwort aus dem nächsthöheren Stockwerk. Mitten in die romantische Szene platzen zwei jogginganzugtragende Männer auf der Suche nach dem Passierschein A38, die daraufhin lautstark quer durch die Korridore ins vermeintlich richtige Büro verwiesen werden. Sie sind noch nicht ganz im Paternoster verschwunden, da tritt schon der nächste Kandidat zwischen die Zuschauer, energisch Goethes Urfaust zitierend. Bestürzt über die nicht vorhandene Textsicherheit seiner Schauspielschüler lässt er das Publikum den gewählten Abschnitt des zentralen Monologs wieder und wieder aufsagen. Auf einmal Getöse im Paternoster. Der Passierschein ist nicht aufzutreiben, da das rosa Formular fehlt. Nein, das blaue! In Sekundenschnelle werden Kostüme getauscht, es wird geschrien, gerannt, kopfüber Paternoster gefahren – und seitens des Publikums herzlich gelacht. Keine halbe Stunde später ist das Spektakel vorüber und das Rathaus-Foyer lässt keine Spuren der Theater-Attacke vermuten – abgesehen von einem Meer aus blauen, gelben und rosa Formularen…

Fernab von jeder steifen Theateratmosphäre bringt das Wuppertaler Ensemble Schauspielkunst zum Anfassen mitten hinein in die Stadt: Beim ersten „Schnappschuss“ sorgten Thomas Braus, Konstantin Rickert, Alexander Peiler und Martin Petschan für ausgelassene Stimmung im gut besuchten Barmer Rathaus. Asterix erobert Rom ist hier ebenso Theaterstoff wie Romeo und Julia, spontan verwoben zu einer Einheit, wild und lebendig, frei nach dem „Schnappschuss“-Motto „Einfach mal Szene gerade sein lassen!“ Das neue Format bringt Improvisationstheater und literarische Texte aller Art von der Bühne zu den Wuppertalern und sorgt damit in dieser Spielzeit, wie ab Januar auch „Dörtes Bühnenschau“, für mehr Publikumsnähe. Freier Eintritt und alltägliche Schauplätze minimieren die üblichen Hemmschwellen – vor allem für Theaterneulinge. Also: Gib Acht, Wuppertal, denn ab sofort ist die ganze Stadt eine Bühne!

Weitere Termine:

Do. 14. Dezember 2017, 21 Uhr
Schankwirtschaft „Marlene“ (Hochstraße 43)

Do. 18. Januar 2018, 18:30 Uhr
Mayersche Buchhandlung