Buchtipps zur Buchmesse: 6 fantastische französische Bücher

Es ist soweit, die Frankfurter Buchmesse 2017 ist bereits in vollem Gange. Das diesjährige Gastland ist, wie die meisten von euch wahrscheinlich schon längst wissen, Frankreich. Vom 11. bis zum 15. Oktober dreht sich auf dem Frankfurter Messegelände sowie anderen Veranstaltungsorten in der Stadt alles rund ums Buch.

Französische Klassiker sind unter Literaturfreunden keine Unbekannten. Sartre, Zola, Baudelaire, Hugo, Voltaire, de Beauvoir und Proust dürften dem normalen Leser ein Begriff sein. Doch auch in den letzten Jahren sind viele spannende, berührende und vor allem großartige Romane – und auch Comics – französischer Autoren erschienen. Wir stellen euch einige vor, die uns besonders begeistern konnten.

Anthoula empfiehlt:
Veronique Olmi – Der Mann in der fünften Reihe

In diesem kurzen Roman von knapp 112 Seiten schildert Olmi den Alltag der Theaterschauspielerin Nelly, die ihre alte Liebe Paul wiedertrifft. Es handelt sich jedoch nicht um eine einfache Liebesgeschichte. Olmis Schreibstil stellt nicht nur die Melancholie Nellys, sondern auch das Theater und die Stadt Paris in einem anderen Licht dar. Die Gedanken der Protagonistin sind Fragmente, die den Leser zum Nachdenken anregen sollen. Sie hat sehr viele Selbstzweifel und versucht erfolglos über diesen Mann in der fünften Reihe hinwegzukommen. Der Roman lässt viele Fragen und Möglichkeiten zur Interpretation offen. Jeder, der Olmis Sprachstil bewundert, wird dieses kleine Werk lieben.

Nadine empfiehlt:
Édouard Louis – Im Herzen der Gewalt

In seinem autobiografischen Roman „Im Herzen der Gewalt“ beschreibt Édouard Louis eine folgenschwere Nacht und ihre Konsequenzen: In der Weihnachtsnacht begegnet er einem jungen Mann, Reda, und nimmt ihn nach einem Flirt mit zu sich nach Hause. Doch der Fremde vergewaltigt Édouard und bedroht ihn mit einer Waffe. Immer wieder muss Édouard anschließend die traumatisierende Nacht von Neuem durchleben, auf der Polizeiwache, im Krankenhaus, beim Therapeuten. Angst, Wut, Scham und Trauer müssen bewältigt werden, genauso wie seine schwierige Vergangenheit als homosexueller Außenseiter in der konservativen französischen Provinz. Es ist ein intensiver Roman, der schonungslos und hart aufklärt über Gewalt und ihre verschiedenen Formen, verbal wie nonverbal.

Lara empfiehlt:
Jean-Philippe Blondel – 6 Uhr 41

Auf 167 Seiten erzählt Jean-Philippe Blondel die Geschichten zweier Bahnreisender im Frühzug nach Paris: Zufällig sitzen Cécile und Philippe, ein ehemaliges Liebespaar, nebeneinander und sehen sich nach 27 Jahren wieder. Eingerahmt in die Enge der 2. Klasse eines Zugwaggons verhandeln innere Monologe der beiden Protagonisten abwechselnd die großen und kleineren Probleme des Alltäglichen. Bald schon denkt jeder für sich über die gemeinsame Vergangenheit und ihre Bedeutung für die Gegenwart nach, die Figuren füllen die Leerstellen in der Beschreibung des jeweils anderen und gelangen so zu einer Reflektion über den eigenen Charakter und die persönliche Situation. Schon lange Vergangenes bekommt so einen hohen Stellenwert in der Aktualität zugeschrieben.

Julia empfiehlt:
Muriel Barbery – Die Eleganz des Igels

Paloma hat mit ihren zwölf Jahren die ignorante Welt der neureichen Erwachsenen längst durchschaut. Madame Michel, die Concierge des Hauses, gibt sich als einfache Person und vertieft sich im Stillen in Kant und Descartes. Als der elegante Monsieur Ozu einzieht, der die Liebe der beiden Damen zu Tee und der genauen Beobachtung der Welt teilt, verändert sich das Leben in dem kleinen Pariser Stadtpalais und vorher nie gekreuzte Wege offenbaren ungeahnte Seelenverwandtschaften.
Ein französischer Mikrokosmos voller grundverschiedener Menschen mit entscheidenden Gemeinsamkeiten, ein modernes Märchen über die manchmal versteckte Schönheit der Welt und ein Grundkurs in Philosophie – ganz ohne Lehrbuchcharakter. Der Bestseller wurde unter dem Titel „Die Eleganz der Madame Michel“ verfilmt.

Marcel empfiehlt:
Laurent Binet – Die siebte Sprachfunktion

Krimi oder Literaturwissenschaft? Realität oder Fiktionalität? – Laurent Binet verwischt in seinem Roman „Die siebte Sprachfunktion“ die Grenze zwischen einer erfundenen Kriminalgeschichte und Autobiographischem. Im Paris der Poststrukturalisten wird Roland Barthes von einem Wäschelieferanten überfahren. Aber wer ist der Mörder? Die Spuren führen Kriminalkommissar Bayard zu Personen wie Foucault, Deleuze, Derrida und Eco. Doch welcher Spur folgt der Leser? Mit Kenntnissen und Anwendung der Literaturtheorie ist der Roman als Wissenschaftssatire oder eben als spannender Kriminalfall zu lesen. Wer allerdings der Spur der Semiotik folgt, kann über den Peugeot 504 oder Sätzen wie „Der Tod des Autors stellt Kommissar Bayard vor viele Rätsel“ schmunzeln.

Kerstin empfiehlt:
Joann Sfar/ Emmanuel Guibert – Die Tochter des Professors

Dieser Comic, der von Emmanuel Guibert gezeichnet und von Joann Sfar getextet wurde, beantwortet die Frage, was geschehen kann, wenn der Prozess der Einbalsamierung ägyptischer Könige besser funktioniert als gemeinhin angenommen. Liliane ist die Tochter des berühmten Archäologen, Professor Bowell, und hat sich in dessen größten Fund verliebt: Imhotep IV. Dass es zu einigen Komplikationen kommt, wenn man sich in Begleitung eines seit fast viertausend Jahren toten und ordentlich bandagierten Gentlemans durch das viktorianische London bewegt, sollte nicht erstaunen. Tatsächlich überraschend ist jedoch das wilde, absolut absurde Abenteuer, in das die beiden stolpern und das von Gift, Entführung, Geistererscheinungen, Hinterhalten, der skurrilen Fahndung nach einer Mumie bis hin zu einer spektakulären Flucht wirklich alles bietet, damit bestimmt niemandem langweilig wird.