Märchenhafte Exotik und erkämpfte Leichtigkeit

Saisonauftakt des Wuppertaler Sinfonieorchesters unter Jun Märkl

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von Julia Wessel

Ein sonniger Sonntagvormittag in Wuppertal. Während die Wahllokale sich füllen, werden die Besucher der Historischen Stadthalle in andere (Klang-)Welten entführt: Das Wuppertaler Sinfonieorchester eröffnet die Saison mit Maurice Ravels Ouvertüre zur geplanten, jedoch nie umgesetzten Oper „Shéhérazade“ – exotisch, bildhaft, gleich einer modernen Filmmusik. In umfangreicher Besetzung – bis hin zu zwei Harfen und einem wahrhaft vollen Streicherklang – öffnet die eingängige Komposition des damals erst 25-jährigen Ravel von der ersten Sekunde an Augen und Ohren der Zuhörer. Auf diese Weise musikalische Brücken in ferne Länder zu schlagen, ist ein Hauptanliegen des deutsch-japanischen Gastdirigenten Jun Märkl, der sich jüngst in einem Interview der Wuppertaler Bühnen als Mittler zwischen Kulturen bezeichnete.

Das Trompetenkonzert in As-Dur aus dem Jahr 1950 ist das wohl bekannteste Werk des armenischen Komponisten Alexander Arutjunjan. Nachdem der Gastsolist Sergei Nakariakov krankheitsbedingt absagen musste, entlockt nun sein ehemaliger Lehrer Guy Touvron, dessen Karriere bereits über 3.500 Konzerte zählt, seiner Trompete Läufe, leichtfüßiger und weicher als man es dem goldenen Instrument bisweilen zutrauen würde. In seinen Spielpausen lauscht Touvron sichtlich mitfiebernd den dramatischen Orchesterparts und entlässt das begeisterte Publikum erst nach einer kurzen solistischen Zugabe in die Pause.

Den Höhepunkt und fulminanten Abschluss des Konzertvormittags bildet die 5. Sinfonie Gustav Mahlers. Ein hochemotionales Werk voller Dynamik – mal aggressiv und dann wieder ganz sanft – überraschender Soloparts und wehmütiger Melodien, das sich im Laufe der vier sehr verschiedenen Sätze kraftvoll von seiner anfänglichen Schwere befreit. Sicher keine Feierabendlektüre. Mahler selbst seufzte einst: „Die 5. ist ein verfluchtes Werk, niemand kapiert sie“. Doch Jun Märkl scheint die über eine Stunde andauernde Sinfonie dermaßen verinnerlicht zu haben, dass er kaum einen Blick in die Partitur werfen muss. Er ist ganz bei den Musikern des Sinfonieorchesters, die das spannungsvolle Klangfeuerwerk bis zu den letzten dramatischen Akkorden mit enormer Intensität interpretieren. Ein außergewöhnlicher Saisonauftakt, der mit tosendem Beifall und Standing Ovations belohnt wird.

Morgen Abend besteht um 20 Uhr noch einmal die Möglichkeit, das vielfältige Programm zu erleben. Zur Erinnerung: Studierende der Bergischen Universität erhalten freien Eintritt!